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Drei Herausforderungen im Frischemanagement: So meistern Sie sie

Aug 26, 2020 4 min

Der Lebensmitteleinzelhandel ist nichts für schwache Nerven. Von hohem Wettbewerbsdruck bis zu hauchdünnen Margen: Die Herausforderungen für Händler sind selten leicht zu lösen. Ultrafrische Produkte wie Obst und Gemüse sind besonders schwierig zu managen. Sie sind mit keiner anderen Kategorie im LEH vergleichbar, stellen gleichzeitig aber eine der größten Einkommensquellen und Gewinnchancen dar. Wir haben uns drei typische Herausforderungen im Frischemanagement angeschaut und zeigen Ihnen, wie Sie diese in Chancen verwandeln.

1. Bestandsschwund einkalkulieren

Da Obst und Gemüse bisweilen nach Gewicht und nicht nach Einheit verkauft werden, müssen Lebensmitteleinzelhändler auftretenden Bestandsschwund erfassen können. Bestellen Sie drei Kartons Kekse, können Sie sicher sein, dass die Menge sich im Verlauf der Zeit nicht verändern wird. Drei Kartons Avocados dagegen verlieren an Gewicht und Wert, je mehr sie sich dem Verderb nähern. Karotten wiederum verlieren an Wert, weil Shopper das Karottengrün von der Rübe entfernen, um nicht dafür bezahlen zu müssen. Dieses lässt sich natürlich nicht mehr separat verkaufen.

Eine einfache Abhilfe für solche Herausforderungen gibt es nicht, dennoch müssen Händler Schwund in ihren Bestandsprojektionen berücksichtigen, um das Serviceniveau aufrechtzuerhalten. Hierbei hilft eine Software für Handelsplanung, die Daten über den Bestandsschwund in ihren Projektionen integriert: Mit ihr optimieren Planer die Verfügbarkeit.

2. Extreme Schwankungen berücksichtigen

Kurze Sortimentslaufzeiten verkomplizieren diese Problematik. Die Unberechenbarkeit des Ernteverlaufs lässt Einkäufern oft nur einen Planungshorizont von einer Woche für Obst und Gemüse. Wer sechs Monate im Voraus plant, erwartet den Auftakt der Orangensaison vielleicht Ende Oktober – diese Planung wird jedoch über den Haufen geworfen, wenn die Saison erst im November beginnt. Und mit dem Saisonende verhält es sich ebenso.

Bedenken Sie nun, dass verschiedene Lieferanten in verschiedenen Ländern verschiedene Sorten von Orangen liefern. Jede Lieferung kann stark in Menge, Größe, Qualität und Preis variieren, je nachdem, was der Lieferant spedieren kann. Und Orangen sind lediglich ein Produkt aus Ihrem gesamten Obst- und Gemüsesortiment. Lebensmittelhändler, die mit Bestellprognosen mit langem Planungshorizont arbeiten, benötigen ein System, das ihnen das Managen der kurzfristigen Disposition erleichtert: Auf diese Weise sichern sie Verfügbarkeit und verhindern Verderb.

Bei Produkten, die leichter zu prognostizieren sind, hat sich ein Zeitreihen-Prognosemodell als effektiv erwiesen. Dennoch sind auch die exaktesten historischen Daten nutzlos, wenn es um extreme Abweichungen geht. Hier hilft die Kombination verschiedener Methoden, von der Zeitreihenprognose bis zu Machine-Learning-Algorithmen: So stellen Händler sicher, dass ihre Prognosen so akkurat und aktuell wie möglich sind. Durch Maschinelles Lernen lassen sich beispielsweise die Absatzmuster von Lebenszyklen auf sich ändernde Erntemuster anpassen. Ebenso ermöglicht Machine-Learning die Verwendung lokaler Wetterdaten, um den Zusammenhang zwischen sommerlichem Wetter und einer erhöhten Nachfrage nach frischem Obst und Salat abzubilden.  

Je flexibler die Planungssoftware, desto schneller können sich Planer auf die jüngsten verfügbaren Informationen innerhalb einer kurzen Sortimentsperiode einstellen. Eine Prognoselösung sollte in der Lage sein, die Zeitreihenprognose um einige Wochen nach hinten zu verschieben, wenn die Ernte erst später beginnt. Ein Modell der Preiselastizität bildet dann die Entwicklung der Nachfrage bei verschiedenen Verkaufspreisen ab. So ist garantiert, dass die Bestellmengen die Verfügbarkeit sichern, aber Verderb verhindern.

3. Der Komplexität von Produktsorten gerecht werden

Eine hohe Varianz bedeutet auch, dass Obst und Gemüse aufgrund von Verfügbarkeit, Qualität und den Besonderheiten der Filiale großen Nachfrageschwankungen unterliegen. Eine geringe Verfügbarkeit im Frischebereich wirkt sich geschäftsschädigend aus – Filialen müssen Einkauf, Planogrammierung, Disposition und Promotions so abstimmen, dass für gefüllte Regale gesorgt ist. Sind gelbe Zwiebeln ausverkauft, ist es sinnvoll, deren Verkaufsfläche mit roten Zwiebeln aufzufüllen, auch wenn es nicht ideal ist – so weit, so einfach. Hat eine Filiale jedoch zu viele rote Zwiebeln und nicht genug gelbe, kann sie die rote Sorte in einer Kampagne anbieten und von der dadurch verursachten Kannibalisierung profitieren: Einem Stockout des Artikels mit geringer Verfügbarkeit wird vorgebeugt, während das Verderbsrisiko des Artikels mit Überbestand minimiert ist.

Eine der größten Herausforderungen des Frischemanagements – und gleichzeitig eine der größten Chancen – ist die schiere Masse an Stammdaten. Kaum ein Händler hat beispielsweise nur eine Apfelsorte im Sortiment. Die meisten bieten eine breite Auswahl: Red Delicious, Golden Delicious, Gala und Granny Smith etwa, sowie zusätzlich die Bio-Variante der einzelnen Sorten. Von diesen acht verschiedenen Produktsorten kann jeder Artikel mehrere Produktcodes haben, die den Lieferanten, das Herkunftsland und ähnliches ausweisen.

Nur moderne Planungssysteme meistern die Menge und Komplexität dieser Stammdaten effektiv. Wenn Sie beispielsweise 20 Produktcodes für Gurken haben, aggregiert eine geeignete Software diese und prognostiziert dann auf der Ebene der Produktgruppe: Damit nimmt sie Planern die leidige Arbeit ab, jeden Produktcode einzeln zu prognostizieren. Das System erlaubt ebenfalls den Einsatz von Filtern und damit individuelle Prognosen für Gurken aus regionaler Produktion, für Importware, Bio-Herstellung usw.

Die Wertschöpfungskette transformieren

Dass die Frischwarenabteilung in einem guten Zustand ist, ist von kritischer Bedeutung für die Profitabilität – leider kosten suboptimale Prozesse Händler immer noch jedes Jahr Millionen. Natürlich gibt es keine einfache Lösung, die jedes Problem im Handumdrehen aus der Welt schafft – jedoch gibt es eine riesige, ungenutzte Chance, aus den herausfordernden Ultrafrischeprodukten Kapital zu schlagen. Um diese zu erschließen, müssen Lebensmitteleinzelhändler systematisch ihre gesamte Wertschöpfungskette verbessern: angefangen bei der Verwaltung der Stammdaten, über eine reaktionsfreudige Flächen- und Dispositionsplanung, welche Änderungen der Nachfrage schnell berücksichtigt, bis zur verbesserten Effizienz des Filialbetriebs und der Möglichkeit, trotz kurzer Sortimentslaufzeiten mit längeren Planungshorizonten zu arbeiten.

Eine solche Transformation der Wertschöpfungskette erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen vielen verschiedenen Beteiligten – von den Supply-Chain-Planern bis zu den Category-Managern und den Einkäufern. Der Aufwand für die Neustrukturierung und Vereinheitlichung des Frischemanagements lohnt sich jedoch: Händlern bietet sich hier die Möglichkeit, altbekannte Herausforderungen in neue Wettbewerbsvorteile zu verwandeln.

Beitrag von

Eero Äijälä

Head of Central Solution Consulting